Basel II - Die drei Säulen der Baseler Eigenkapitalübereinkunft
Die Übernahme von Kreditrisiken durch Banken ist durch das Eigenkapital der Kreditinstitute
begrenzt. Dies wird im Grundsatz I über die Eigenmittel der Institute geregelt. Der Grundsatz I
besagt, dass alle Risikoaktiva mit 8 % Eigenkapital unterlegt werden müssen. Diese Regel beruht
auf dem Baseler Eigenkapitalakkord von 1988. Mit dem Ziel, die Eigenkapitalunterlegung stärker
an den aktuellen Risi-koverhältnissen von Banken zu orientieren, hat der Baseler Aussschuss für
Bankenaufsicht im Juni 1998 und Januar 2001 zwei Konsultationspapiere verfasst und um
Stellungnahmen hierzu gebeten.
Nach dem bisherigen Zeitplan sollten die neuen Baseler Grundsätze
(nach Beendigung der Konsultationsphase am 31. Mai 2001) bis Ende 2001 verabschiedet werden
und parallel in einen Entwurf für eine EU-Richtlinie übertragen
werden. Im Anschluß daran sollte die Richtlinie von den europäischen
und nationalen Gesetzgebern beschlossen werden und 2004 in Kraft
treten. Eine vorgesehene Übergangsregelung sollte am 31. Dezember 2007
enden.
Im Rahmen einer nun laufenden, dritten Konsultationsrunde sollen die
Auswirkungen der neuen Regeln für mittelständische Unternehmen und für
kleinere Kreditinstitute noch einmal untersucht werden. Dies wird zu einer
Verzögerung des Umsetzungs-Zeitplans führen, weshalb nun sogar ein Start erst
im Jahr 2005 für möglich gehalten wird.
Drei Säulen als tragende Elemente
Die anvisierte Neuregelung besteht aus drei tragenden Elementen ("Säulen"):
- Mindestkapitalanforderungen (1. Säule)
- Aufsichtsbehörden (2. Säule)
- Erweiterung der Offenlegungspflichten, sogenannte Marktdisziplin (3. Säule).
1. Säule: Mindestkapitalanforderungen
In der ersten Säule werden Mindestkapitalanforderungen
formuliert. Die neue Eigenkapitalvereinbarung hält sowohl an der geltenden
Eigenkapitaldefinition als auch an der Mindestkapitalquote von 8 % im Verhältnis zu den
risikogewichteten Aktiva fest:
Eigenkapitalquote (mindestens 8 %):
Eigenkapital insgesamt /(Kreditrisiko + Marktrisiko + operationelles Risiko)
Die Neuerungen betreffen insbesondere Verbesserungen bei der Risikomessung, d.h. der
Berechnung des Nenners der Eigenkapitalquote.
Die Messverfahren für das Kreditrisiko werden ausgefeilter sein und für das
operationelle Risiko (z.B. Betriebs- und Abwicklungsrisiken) wird erstmals eine
Messgröße vorgeschlagen. Lediglich beim Marktrisiko (z.B. Kurs- und Zinsänderungsrisiken)
bleibt die Messgröße unverändert.
Um sicherzustellen, dass die Risiken im gesamten Bankkonzern berücksichtigt werden,
soll die neue Eigenkapitalvereinbarung auf konsolidierter Basis auch für die
Holdinggesellschaften von Bankkonzernen gelten.
Zwei Kernverfahren zur Bemessung des Kreditrisikos
Für die Bemessung des Kreditrisikos werden zwei grundlegende Möglich-keiten
vorgeschlagen: Eine Standardmethode und ein auf internen Ratings
basierender Ansatz (IRB-Ansatz). Die Anwendung des IRB-Ansatzes wird jedoch
von der Zustimmung durch das Bundesaufsichtsamt für das Kreditwesen
(BAKred) bzw. der jeweiligen nationalen Aufsichtsbehörde abhängen.
A. Die Standardmethode
Die Standardmethode basiert auf Bonitätsurteilen einer zugelassenen externen
Ratingagentur (z.B. Moody's oder Standard & Poors) und nutzt durch die Aufsichtsbehörde
vorgebene Risikogewichte, um das zu unterlegende Eigenkapital
zu bestimmen. Den Ratingstufen (Von AAA bis B-) sind dann bestimmte
Bonitätsgewichte (20 %, 50 %, 100 %, 150 %) zugeordnet.
Die Nutzung des Standardansatzes ist ohne Genehmigung durch die Aufsichtsbehörde möglich,
da keine speziellen Mindestanforderungen formuliert werden. Tendenziell wird er jedoch, da
er als "einfachster" Ansatz gilt, zu höheren Eigenkapitalunterlegungen (im Vergleich zum
IRB-Ansatz) bei den Banken führen, die sich auf dieses Verfahren konzentrieren.
Kritisiert wird momentan, dass nicht beurteilte Unternehmen, also Kreditkunden ohne externes
Rating, mit einem Risikogewicht von 100 Prozent versehen werden, obwohl sie finanziell mehr
als solide sein können. Da in der Bundesrepublik nur einige hundert Un-ternehmen über ein
externes Rating verfügen (sogenannte "Rating-Lücke"), fordern insbesondere die Handwerkskammern
eine Übergangslösung, um Nachteile bei den Kreditkonditionen für mittelständische Unternehmen
vermeiden zu können.
B. Der IRB-Ansatz
Banken, welche mit dem IRB-Ansatz arbeiten, wird es gestattet sein, ihre internen
Einschätzungen der Bonität eines Schuldners für die Beurteilung des Kreditrisikos
in ihren Portfolios zu verwenden. Spezielle Analyseverfahren wird es für verschiedene
Arten von Kreditengagements geben, beispielsweise Kredite an Unternehmen und Privatkunden,
deren Verlustmerkmale sich unterscheiden.
Die Bank bewertet die Bonität sämtlicher Schuldner und überträgt die Ergebnisse
in Schätzungen der zukünftigen, potentiell anfallenden Verlustbeträge, welche die Grundlage
für Mindestkapitalanforderungen darstellen.
Der IRB-Ansatz lässt sowohl eine Basisversion als auch eine forgeschrittene
Methode für Engagements gegenüber Wirtschaftsunternehmen, Banken und
Staaten zu.
Bei der Basisversion schätzt die Bank die Ausfallwahrscheinlichkeit der
Schuldner und die Aufsichtsinstanz liefert die übrigen Input-Faktoren (Höhe
des Ausfalls im Falle der Insolvenz, Verlustquote bei unterschiedlichen Arten
der Besicherung). Bei der fortgeschrittenen Methode wird es der Bank gestattet,
diese Input-Faktoren selbst zu ergänzen.
Sowohl bei der Basisversion als auch beim forgeschrittenen IRB-Ansatz ist die Palette
der Risikogewichte viel breiter als bei der Standardmethode, wodurch diese Ansätze
risikogerechter werden. Durch die Anerkennung risikomindernder Methoden wie Garantien,
Kreditderivate, Netting oder Verbriefung wird noch eine zusätzliche Verringerung des
notwendigen Eigenkapitals herbeigeführt.
In seinen Bemühungen um eine bessere Berücksichtigung des operationellen
Risikos (z.B. Verlustrisiko aufgrund von Computerfehlern oder Betrug) hat der
Baseler Ausschuss besonders eng mit dem Bankgewerbe zusammen gearbeitet,
so dass viele Banken nun 20 Pro-zent ihres Eigenkapitals zur Deckung
des operationellen Risikos vorsehen werden. Die Unterlegung dieses Risikos
soll mit Hilfe einer Basisindikatormethode, einer Standardmethode, einer internen
Bemessungsmethode oder einer Verlustverteilungsmethode berechnet werden.
2. Säule: Überprüfung durch die Aufsicht
Im Bereich des Überprüfungsverfahrens sollen die Befugnisse der Aufsichtsbehörden
erweitert werden. Die nationalen Aufsichtsbehörden haben die von den Banken
implementierten internen Verfahren zu beurteilen und sicherzustellen,
dass die Banken die umfangreichen Anforderungen an interne Ratingverfahren
fortwährend erfüllen.
Außerdem ist eine ständige Überprüfung der Banken auf Einhaltung der
Mindestkapitalanforderungen vorgesehen. So sollen den Aufsichtsbehörden Möglichkeiten
an die Hand gegeben werden, durch präventive Maßnahmen frühzeitig eine Eigenkapitalquote
von über 8 Prozent festlegen zu können. Unabhängig von dieser sogenannten "Modellprüfung"
sind von der Bankenaufsicht regelmäßig vor Ort mindestens zu prüfen:
- Qualifikation und Erfahrung der Geschäftsleitung,
- Risikoneigung des Kreditinstituts,
- Natur der Märkte, in denen das Kreditinstitut operiert,
- Qualität des vorhandenen Eigenkapitals und noch vorhandene Möglichkeiten der Eigenkapitalzuführung,
- Angemessenheit des Risikomanagements.
Vor diesem Hintergrund wird derzeit davon ausgegangen, dass die in
Deutschland an der Bankenaufsicht beteiligten Behörden mehr hoch qualifizierte
Mitarbeiter benötigen, als sie heute zur Verfügung haben.
3. Säule: Marktdisziplin
Ziel der dritten Säule ist die Stärkung der Marktdisziplin durch vermehrte Offenlegung
von (aussagenkräftigen) Informationen durch die Kreditinstitute. Eine wirksame Offenlegung
ist wesentlich, um sicherzustellen, dass die Marktteilnehmer einen besseren Einblick in das
Risikoprofil und die Angemessenheit der Eigenkapitalausstattung einer Bank gewinnen. Durch
die jederzeitige Verfügbarkeit aktueller Informationen soll für die Kreditinstitute der
Anreiz für ein effizientes Risikomanagement und die Gewährleistung einer angemessenen
Kapitalausstattung geschaffen werden.
Die drei Säulen sollen zu einem sicheren und soliden Finanzsystem beitragen. Der Baseler
Ausschuss betont dabei, dass alle drei Säulen konsequent angewendet
werden sollen. Er will mit den Aufsichtsinstanzen aktiv zusammenarbeiten, um eine wirksame
Umsetzung der Eigenkapitalvereinbarung zu erreichen.
Autor: René Kunstleben
Quelle: Bankfachklasse 1/2002, Seite 3 - 5, Gabler-Verlag
Die Veröffentlichung dieses Artikels erfolgt mit freundlicher Genehmigung der
Bankfachklasse-Redaktion.
Kommentare
Durchschnittliche Leserbewertung: |
|
|
|
Sauber., Becquerel, 21.02.2008 |
Artikel ist gut - keine oder nur wenig Ausschweifungen, sehr präzise auf den Punkt gebracht.
Also ich habs gut verstanden. |
|
|
|
Nicht schlecht Herr Specht;), steffitigger_88, 12.09.2006 |
Zwar ist das Thema an sich sehr verwirrend , aber einfach gut geschrieben!!! |
|
|
|
?`?, Annika_K, 05.11.2004 |
Was ist jetzt noch mal Basel????? echt kein plan!!! |
|
|
|
Endlich mal jemand der das auf den Punkt bringt, schally2000, 06.10.2004 |
super |
|
|
|
Klasse!, Bankazubi1985, 02.07.2004 |
Sehr verständlich und hilfreich! Das ist wirklich sehr gut erklärt. Großes Lob!!! |
|
|
|
Supi, Partymaus18, 20.11.2003 |
Also ich muss schon sagen ihr seid einfach klasse. Macht weiter so. |
|
|
|
Gut gemacht, Bankfachklasse! ;-), N.A., 06.09.2003 |
Der Artikel enthält wirklich nur das Wichtigste und alles sehr verständlich beschrieben.
Klasse Sache für alle, die auch ständig in Abteilungen gefragt werden, ob sie wüssten was das sei... |
|
|
|
Einfach gut!, N.A., 06.09.2003 |
Ich hätte mir keinen besseren Artikel vorstellen können. |
|
|
|
BESTENS!!!, N.A., 06.09.2003 |
Mach weiter so! Du hast ein gutes Allgemeinwissen!!! |
|
|
|
klasse!, raike, 15.08.2003 |
endlich mal eine präzise und verständliche ausführung über dies thema. weiter so!! |
|
|
|
RESPEKT, Sirus, 22.11.2002 |
Sehr verständlich erklärt. Jetzt bin sogar ich wieder ein Stückchen schlauer |
|
|
|
Sehr guter BFK-Artikel!, Stefanie, 20.08.2002 |
Dieser Artikel ist wirklich sehr verständlich. Basel II ist ja ziemlich kompliziert, aber das kann man gut verstehen. Die Artikel aus der Bankfachklasse sind eh immer sehr fundiert und verständlich. |
|
|
|
Klasse!!!, Besalia, 27.05.2002 |
Gut auf den Punkt gebracht! Sehr verständlich!! |
|
|
|
Super verständlich, TanjaR, 24.05.2002 |
War alles super verständlich! Außerdem war das wichtigste drin! |
|
|
|
|
|