Eines der Wirtschaftsziele der Bundesrepublik Deutschland ist die Vollbeschäftigung.
Vollbeschäftigung:
Vollbeschäftigung kann auf sehr unterschiedliche Art und Weise definiert werden:
- Hohe Beschäftigung ist gegeben, wenn das Produktionspotenzial einer Volkswirtschaft ausgelastet ist.
- Hohe Beschäftigung ist gegeben, wenn die Arbeitslosenquote gering ist.
Die Bundesanstalt für Arbeit wiederum definiert Vollbeschäftigung wie folgt:
"Vollbeschäftigung herrscht, wenn alle arbeitswilligen und arbeitsfähigen Personen
eine Erwerbstätigkeit ausüben, die im gewünschten zeitlichen
Umfang ihren persönlichen Voraussetzungen entspricht."
Die Vollbeschäftigung wird aus mehreren Gründen angestrebt:
- Arbeitslosigkeit führt zum Abbau sozialer Kontakte, zur Verschlechterung der materiellen Situation und zur Minderung des Selbstwertgefühls. Der soziale Frieden kann gefährdet werden.
- Arbeitslosigkeit verursacht hohe Kosten (z.B. Arbeitslosengeld, Arbeitslosenhilfe). Der Produktionsfaktor Arbeit wird nicht voll oder nur ungenügend genutzt.
- Hohe Arbeitslosigkeit führt zur Steigerung der Staatskosten, die wiederum auf die arbeitende Bevölkerung in Form von Steuererhöhungen etc. weitergegeben werden. Durch weniger Einzahler gerät das soziale System in Gefahr.
Definition von Beschäftigung und Arbeitslosenquote:
Unter Beschäftigung versteht man den Grad der Kapazitätsauslastung
einer Volkswirtschaft. Sie wird durch die Arbeitslosenquote gemessen.
Die Definition der Arbeitslosenquote und die Probleme dieses Indikators
sollen mit Hilfe der folgenden Übersicht dargestellt werden:
Wohnbevölkerung (WB) |
Erwerbsfähige (EF) |
Nichterwerbsfähige (NEF) |
Erwerbspersonen (EP) |
Nichterwerbspersonen (NEP) |
Erwerbstätige (ET) |
registrierte Arbeitslose (AL) |
Erwerbsfähige und -willige (EW) |
Erwerbsfähig aber -unwillige (ENW) |
Nichterwerbsfähige (NEF) |
Erwerbspersonenpotenzial (EPP) |
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Erläuterung zum Schaubild:
Die Wohnbevölkerung teilt sich zunächst auf in Erwerbsfähige
(EF) und Nicherwerbsfähige (NEF), worunter Kinder unter 15 Jahren
und Alte über 64 Jahren verstanden werden.
Die Erwerbspersonen (EP) umfassen die Erwerbstätigen (ET) (Selbstständige
einschließlich mithelfender Familienangehörender, Abhängige:
Arbeiter, Angestellte und Beamte) und die registrierten Arbeitslosen
(AL).
Der Teil der Erwerbsfähigen, der nicht zu den Erwerbspersonen gehört, zerfällt in
- Erwerbsfähige und -willige (EW)
- und Erwerbsfähige, aber nicht -willige (ENW).
Die Erwerbsfähigen und -willigen (EW) werden auch als Stille Reserve
bezeichnet, weil man davon ausgeht, dass diese Personen gerne arbeiten
würden, sich aber nicht beim Arbeitsamt registrieren lassen.
Erwerbspersonen und Stille Reserven (EW) bilden das Erwerbspersonenpotenzial (EPP).
Messgröße (Indikator) für die Arbeitslosigkeit ist die Arbeitslosenquote.
Die Arbeitslosenquote wird üblicherweise auf zwei Arten definiert:
- Arbeitslosenquote (in %) = Registrierte Arbeitslose x 100 / Abhängig Erwerbstätigen
- Arbeitslosenquote (in %) = Registrierte Arbeitslose x 100 / Erwerbspersonen
Auf europäischer Ebene wird aus Gründen der besseren Vergleichbarkeit
seit längerer Zeit die 2. Messgröße verwendet.
Arten und Ursachen der Arbeitslosigkeit:
- Konjunkturelle Arbeitslosigkeit:
Aufgrund von konjunkturellen Nachfrageschwankungen werden vorhandene Kapazitäten
nicht ausgenutzt. In der Rezession sinkt die Gesamtnachfrage und damit
der Auslastungsgrad. Die Zahl der Arbeitslosen steigt.
- Wachstumsdefizitäre Arbeitslosigkeit:
Auch bei Vollauslastung der Kapazitäten besteht eine hohe Arbeitslosigkeit,
weil das Produktionspotenzial bei gegebener Produktivität zu
gering ist, um das vorhandene Arbeitskräftepotenzial aufzunehmen.
- Strukturelle Arbeitslosigkeit:
Aufgrund des Wandels in der Volkswirtschaft werden bestimmte Branchen, Produkte
und Berufe unattraktiv, während bei anderen die Attraktivität
zunimmt. Angebot und Nachfrage passen nicht mehr zusammen. Es kommt
in den betroffenen Branchen zu Einsparungen und Entlassungen, um die
sinkende Nachfrage "überleben" zu können.
- Saisonale Arbeitslosigkeit:
In bestimmten Branchen tritt Arbeitslosigkeit auf, weil deren Aktivität
von Natureinflüssen oder der Jahreszeit abhängt (z.B. Baugewerbe,
Tourismus, Landwirtschaft).
- Friktionelle Arbeitslosigkeit:
Friktionelle Arbeitslosigkeit entsteht durch die üblichen Fluktuationen auf
dem Arbeitsmarkt. Häufig vergeht eine gewisse Zeit, bis ein Arbeitsloser
eine seiner Qualifikation und Leistungsfähigkeit entsprechende
Arbeitsstelle gefunden hat.
- Freiwillige Arbeitslosigkeit:
Die Wiederaufnahme eines Arbeitsverhältnisses wird angesichts der
gegebenen Lohnstruktur und sonstiger Nebenbedingungen für nicht
vorteilhaft gehalten.
Maßnahmen der Arbeitsmarktpolitik:
Zur Arbeitsmarktpolitik zählen nur Maßnahmen, die direkt am Arbeitsmarkt ansetzen.
Zur Arbeitsmarktpolitik im engeren Sinne zählen die aktive Arbeitsmarktpolitik
(Berufsberatung, Arbeitsvermittlung, Umschulung, usw.) und die passive Arbeitsmarktpolitik
(Arbeitslosengeld, Arbeitslosenhilfe, Vorruhestandsgeld, usw.) der Bundesanstalt für Arbeit.
- Konjunkturelle Arbeitslosigkeit:
- Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen
- Erhöhung der Beschäftigung im öffentlichen Sektor
- Wachstumsdefizitäre Arbeitslosigkeit:
- Lohndifferenzierung
- kostenniveauneutrale Lohnpolitik
- Flexibilisierung der Arbeitszeit (z.B. Schichtarbeit)
- Arbeitszeitverkürzung
- Strukturelle Arbeitslosigkeit:
- sektoral und branchespezifisch:
- kurzfristig: Erhöhung von Subventionen etc.
- mittel- und langfristig: Förderung von Wachstumsbranchen
- regional:
- Förderung der regionalen Infrastruktur
- Regionaldifferenzierte Lohnpolitik
- qualifikationsspezifisch:
- Frühzeitiges Erkennen und Veröffentlichen von Entwicklungstrends
- Umschulungen
- ABM zwecks Aufrechterhaltung der Qualifikation
- qualifikationsspezifische Lohndifferenzierung
- Saisonale Arbeitslosigkeit:
- Winterbauförderung
- Einbezug der Schulferien
- Friktionelle Arbeitslosigkeit:
- Verbesserung der Markttransparenz
- Abbau von institutionellen Hemmnissen
- Freiwillige Arbeitslosigkeit:
- Steigerung der Kontrolle
- Schaffung von Anreizen